Sonntag, 25. März 2012

Kahlschlag im Nahverkehr


Durch geplante Kürzungen der SPD-CDU-Landesregierung droht einer ganzen Region die Abkopplung vom Bahnnetz
Laut einer Streichliste des von Volker Schlotmann (SPD) geführten Verkehrsministeriums sollen auf 17 Bahnlinien weniger Züge fahren, auf den Verbindungen Schwerin-Hagenow, Hagenow-Ludwigslust-Parchim, Parchim-Schwerin-Rehna und Mirow-Neustrelitz gar keine mehr. Dadurch verlieren mehr als 30 Städte und Dörfer ihre Bahnanbindung, zehntausende Menschen sind betroffen. Sie kämen ab Dezember 2014 nur noch mit dem Auto oder wenigen, selten fahrenden Bussen zur Arbeit, zur Schule, zum Amt oder in die nächste Großstadt. Auch die Zuschüsse für Schulbusse sollen gekürzt werden, so dass Busse wegfallen oder für SchülerInnen und Eltern teurer würden. LokführerInnen, ZugbegleiterInnen und BusfahrerInnen droht die Arbeitslosigkeit.

Faktischer Sozialabbau
Die Kürzungen treffen vor allem Menschen, die sich kein Auto leisten oder nicht fahren können – SchülerInnen und Azubis, GeringverdienerInnen, Hartz-IV-Betroffene oder MigrantInnen. Zum Beispiel verlieren das Asylbewerberlager in Parchim und die Berufsschule in Malchow, deren SchülerInnen vor allem die Bahn zur Anreise nutzen den Bahnanschluss. Regionalschulen und Gymnasien gibt es im dünn besiedelten Mecklenburg wenige, schon jetzt sind viele SchülerInnen jeden Tag mehrere Stunden unterwegs.

Wer profitiert und was ist die Alternative?
Drei der vier von Schließung bedrohten Strecken wurden Anfang der 2000er privatisiert. Die Unternehmen (OLA (gehört zum Veolia-Konzern) und ODEG (gehört BeNex und Netinera) kauften damals neue Züge und ließen sie vom Staat mitfinanzieren. Jetzt sind sie abbezahlt, und die Konzerne können weiter damit verdienen.
Gleichzeitig werden die Kürzungen mit „Geldmangel“ begründet – das Land kann also den Unternehmen nicht genug bezahlen, um den Bahnbetrieb für sie profitabel zu halten. Die Alternative zu Privatisierungen und Gewinnorientierung liegt auf der Hand: Nahverkehr als öffentliche Leistung im Interesse der Allgemeinheit.
Mit den Kürzungen will die Landesregierung 19 Millionen Euro einsparen. Zum Vergleich: allein in einem sinnlosen Tiefbahnhof in Stuttgart werden 8 Milliarden verbuddelt. Wenn Schlotmann und Co. also behaupten, Bahnen und Schulbusse seien nicht finanzierbar, muss die Antwort lauten: Umverteilung von oben nach unten statt Kürzungen zu Lasten von Armen und Jugendlichen!